Kälte vs. Wärme: Welches Verfahren wirkt besser bei Verletzungen?
Zuletzt aktualisiert am 03. Februar 2024, Lesezeit: 4 Min.
Ein falscher Schritt beim Joggen und plötzlich ist es passiert: Ein stechender Schmerz durchzuckt das Bein. In solchen Momenten ist schnelles Handeln gefragt. Sollte man die geschwollene Stelle jetzt kühlen oder besser wärmen? in diesem Artikel schauen wir uns genauer an, welche Anwendung in welchem Fall die beste Wahl ist und wie man zwischen Wärme- und Kältetherapie entscheiden kann, um die Heilung zu fördern und Beschwerden zu lindern.
Grundlagen der Schmerztherapie
Eine gezerrte Wade nach einem kräftigen Sprint oder ein verknickter Knöchel beim morgendlichen Lauf – solche Missgeschicke sind schnell passiert und verursachen Schmerzen, die nach Linderung rufen. Was steckt dahinter?
Wie Schmerzen bei Verletzung entstehen
Schmerzen beginnen oft auf einer mikroskopischen Ebene, wo eine Verletzung die Schmerzrezeptoren aktiviert. Schauen wir uns dies anhand eines Beispiels an:
Wenn du deinen Fuß verknickst, können Bänder, die für die Stabilisierung deines Gelenks verantwortlich sind, überdehnt oder sogar zerrissen werden. Dies führt zur Aktivierung der Schmerzrezeptoren in diesem Bereich, die sogenannten Nozizeptoren. Diese sind spezialisiert auf die Wahrnehmung von Schädigungen und reagieren auf mechanische, chemische und thermische Reize [1].
Die Überdehnung oder Verletzung löst auch eine Entzündungsreaktion aus. Entzündungszellen eilen zur Verletzungsstelle, um mit dem Heilungsprozess zu beginnen. Sie setzen verschiedene Entzündungsmediatoren frei, die zusätzlich die Schmerzrezeptoren sensibilisieren und eine Erweiterung der Blutgefäße bewirken, was zu Schwellung und Rötung führt [2]. Dies erhöht den Druck auf die umliegenden Gewebe.
Das Schmerzsignal wird über die Nervenfasern zum Rückenmark und von dort zum Gehirn geleitet, wo es als Schmerz wahrgenommen wird. Das Gehirn verarbeitet diese Information und reagiert entsprechend – beispielsweise durch Auslösen eines Reflexes, um das Gleichgewicht wiederherzustellen und weiteren Schaden zu vermeiden, oder durch das bewusste Wahrnehmen von Schmerz, was dich dazu veranlasst, die belastende Aktivität zu stoppen und die verletzte Stelle zu schonen [3].
Dieser Prozess ist ein Beispiel für die akute Schmerzreaktion des Körpers, die dazu dient, den Körper vor weiteren Schäden zu schützen und mit der Heilung zu beginnen.
Der Ablauf eines Schmerzmanagements
Was nun? Sobald eine Verletzung auftritt, ist es wichtig, die Entzündungsreaktion zu kontrollieren. Eine zu starke Entzündung kann weitere Schäden verursachen und muss daher eingedämmt werden. Das kann durch die Anwendung von Kälte erreicht werden, welche die Blutgefäße verengt und die Durchblutung vermindert. Dies hilft, die Schwellung zu minimieren und außerdem die Schmerzübertragung zu verlangsamen, da Kälte die Aktivität der Schmerzrezeptoren senkt und die Nervenleitgeschwindigkeit verlangsamt, wodurch das Schmerzempfinden verringert wird [4].
Als Erstbehandlung wird oft die RICE-Regel (Ruhe, Eis, Compression, Elevation) empfohlen [5]. Ruhe verhindert weitere Verletzungen, Eis und Compression helfen, Schwellung und Blutung zu kontrollieren, und Elevation verringert den Blutfluss zur Verletzungsstelle, was ebenfalls die Schwellung reduziert.
Langfristige Schmerzlinderung und Heilungsprozess
Nachdem die akute Entzündungsphase unter Kontrolle ist, wird der Heilungsprozess im Körper eingeleitet. Dafür werden Sauerstoff und Nährstoffe an der geschädigten Stelle benötigt, die durch das Blut transportiert werden. Hier kommt die Wärmeanwendung ins Spiel, da sie eine durchblutungsfördernde Wirkung aufweist [6].
Darüber hinaus beginnt mit der Reduktion der akuten Entzündung eine Desensibilisierung der Schmerzrezeptoren. Während der Entzündungsphase werden Schmerzrezeptoren durch die freigesetzten chemischen Mediatoren sensibilisiert, was zu einer verstärkten Empfindung des Schmerzes führt. Wenn die Entzündung nachlässt, verringert sich auch die Sensibilisierung, und die Schmerzintensität nimmt ab [7].
Physiotherapie und gezielte Übungen können nun den Heilungsprozess weiter unterstützen, indem sie die Beweglichkeit fördern und verhindern, dass Muskeln und Gelenke steif werden.
Die Anwendung von Kälte
Wie genau kann ich Kälte anwenden?
Eispackungen, Kühlgele, Kaltwasserbäder oder einfache Hausmittel wie gefrorenes Gemüse aus dem Gefrierschrank können als Erstbehandlung Linderung verschaffen. Nutze ein dünnes Tuch bei der direkten Anwendung eines Eispacks, um Hautschäden zu vermeiden. Die Anwendung sollte auf die betroffene Stelle fokussiert sein, um die Entzündung und Schwellung effektiv zu reduzieren.
Wann und wie lange sollte ich die entsprechende Stelle kühlen?
Die allgemeine Empfehlung lautet, die Kälte für kurze Zeiträume, etwa 15-20 Minuten pro Anwendung, zu nutzen. Dies kann mehrmals täglich wiederholt werden, besonders in den ersten 48 Stunden nach der Verletzung.
Worauf muss ich achten?
Der längere direkte Einwirkung von Kälte kann zu Erfrierungen führen. Beobachte die Hautreaktionen genau und unterbreche die Anwendung bei Anzeichen von Irritationen oder Beschwerden. Es ist wichtig, der Haut zwischen den Anwendungen der Kältebehandlung Zeit zu geben, sich zu erholen.
Wann macht die Kälte Sinn? Wann nicht?
Kälteanwendungen sind besonders effektiv bei akuten Verletzungen, Zerrungen, Prellungen oder Schwellungen, da sie die Entzündungsreaktion minimieren und zur Schmerzlinderung beitragen. Bei chronischen Schmerzen oder Zuständen wie rheumatoider Arthritis kann Kälte jedoch kontraproduktiv sein und zu einer Verschlechterung der Symptome führen. In solchen Fällen ist Wärme eine bessere Option, um die Durchblutung zu fördern und Muskeln zu entspannen.
Vorsicht: Die Kältetherapie ist nicht geeignet für Patienten, die an Durchblutungsproblemen, offenen Hautleiden oder ernsthaften Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden.
Wärmetherapie
Wie genau kann ich Wärme anwenden?
Zur Wärme- oder Thermotherapie nutzt man Wärmekissen oder Wärmepacks, warme Handtücher, Wärmflaschen, Heißluft, Warmwasserbäder oder Fango-Packungen. Moderne Optionen umfassen auch Infrarot-Wärmetherapie, die tief in das Gewebe eindringen kann. Die Anwendung sollte direkt auf die betroffene Stelle gerichtet sein, wobei ein moderates Wärmeniveau gewählt werden sollte, das angenehm ist und nicht zu Verbrennungen führt.
Wie lange sollte ich die entsprechende Stelle wärmen?
In der Regel wird empfohlen, Wärme für etwa 15-20 Minuten pro Sitzung anzuwenden. Dies kann je nach Bedarf und Komfort mehrmals täglich wiederholt werden. Es ist wichtig, die Haut und die Reaktion des Körpers auf die Wärme zu überwachen, um Überhitzung und mögliche Hautschäden zu vermeiden.
Worauf muss ich achten?
Verwende immer eine Schutzschicht zwischen der Wärmequelle und der Haut, besonders bei elektrischen Heizkissen. Personen mit Sensibilitätsstörungen oder eingeschränkter Fähigkeit, Temperaturänderungen zu spüren, sollten besonders vorsichtig sein.
Wann macht Wärme Sinn? Wann nicht?
Therapieverfahren mit Wärmeanwendungen eignen sich durch ihre durchblutungsfördernde und Muskelentspannende Wirkung besonders für chronische Schmerzzustände, Muskelverspannungen und Steifheit. Sie sind auch hilfreich zur Förderung der Flexibilität vor dem Sport oder körperlichen Aktivitäten. Wärmepackungen sollten jedoch nicht bei akuten Verletzungen, Entzündungen oder Schwellungen angewendet werden, da sie die Entzündungsreaktion verstärken können. Personen mit bestimmten Erkrankungen, wie zum Beispiel tiefe Venenthrombose oder diversen Hauterkrankungen, sollten vor der Anwendung von Wärme einen Arzt konsultieren.
Es ist wichtig zu betonen, dass Wärme- und Kältetherapie Teil eines umfassenden Behandlungsplans sein sollten, der Ruhephasen, möglicherweise Medikamente gegen Schmerzen und Entzündungen und, nach der akuten Phase, physische Rehabilitation einschließt. Die fortgesetzte Überwachung durch einen Arzt oder Physiotherapeuten ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Therapie den Heilungsprozess unterstützt und nicht behindert.
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